„Unsere Inszenierung soll Lust auf Mode machen“

Doris KapraunSchaufenster der Adler-Filiale in Kassel.Adler-Eigenmarke "My Own".HAKA bei Adler in Kassel. RuhezoneAdler-SportabteilungDie Adler-Lounge in Schwäbisch Hall

Ein RBN-Interview mit Doris Kapraun, Head of Visual Merchandising bei Adler Modemärkte, über neue VM-Konzepte, zielgruppengerechte Emotionalisierung von Schaufenstern und Verkaufsflächen sowie den Corona-Lockdown und seine Folgen.

 

RBN: Frau Kapraun, die Adler-Filiale in Kassel bekam Ende Mai ein Refurbishment und wurde nach dem Lockdown wiedereröffnet. Beschreiben Sie uns bitte kurz das zugrundeliegende Konzept.

Doris Kapraun: Wir haben in Kassel unser neues VM Konzept, welches erstmalig im Frühjahr 2019 in Freiburg zum Tragen kam, weiter optimiert und auf die Flächengröße von 3200 Quadratmetern angepasst und modernisiert. Unsere Filiale befindet sich im DEZ Center, in 1A-Lage direkt am Eingang. Wir haben die Schaufensterflächen im Center erweitert und geöffnet. Wir verzichten dabei bewusst auf grelle Effekte und optische Gags. Im Vordergrund stehen für uns die gezeigten Outfits und Looks, übrigens alle Eigenmarken der Fa. Adler. Wir arbeiten mit großformatigen, floralen Motiven in schwarz/weiß und kräftigem Rot.

Unsere Inszenierung soll Lust auf Mode machen und dennoch dem aktuellen Zeitgeist entsprechen. Bei unseren Eigenmarken, wie z.B. „My Own“ arbeiten wir mit unterschiedlichen, bedruckten Foto-Teppichen, mit großformatigen Moods in Kombination mit abgestimmten Deko-Elementen. Uns ist es wichtig, den eigenen Charakter der jeweiligen Marke herauszustellen und unseren Kunden unterschiedliche Erlebnisse in den einzelnen Themenwelten zu bieten.

 

RBN: Können Sie das für uns an konkreten Beispielen näher erläutern?

Doris Kapraun: Gerne. Unsere Anzüge- und Sakko-Abteilung beispielsweise haben wir in Kassel ebenfalls überarbeitet. Wir präsentieren die HAKA Looks an Figuren, die allesamt leicht erhöht auf Podesten stehen. Durch die schwarzen Rahmen wirkt es so, als ob die Figuren leicht heraustreten. Um das Ganze in Szene zu setzen, benutzen wir Spots, welche die Figuren nochmals hervorheben und optimal ausleuchten.

Wichtig ist uns ebenfalls, mit Blick auf unsere Zielgruppe, entsprechende Ruhezonen und Sitzgelegenheiten für unsere Kunden zur Verfügung zu stellen. Wir haben zahlreiche Sitzecken mit dunkelroten Sesseln, kleinen Tischchen und großen Blumenvasen platziert. Um auch hier die entsprechende Atmosphäre noch zu unterstützen, haben wir aus dem Archiv des Unternehmens Modefotos aus den verschiedenen Stil-Epochen ausgewählt und als großformatige Moods an den Wänden platziert.

Ebenfalls überarbeitet haben wir die nun aufwendig gestaltete Fitness Abteilung. Sport ist für unsere Zielgruppe ebenfalls sehr wichtig und eine Lebenseinstellung. In der Abteilung haben wir einen Boden aus Felsstein gewählt, welcher der Anschein hat, aus der Rückwand zu entstehen. Zwei Figuren in dynamischen Posen ergänzen den Auftritt.

 

RBN: Es war sehr mutig, kurz nach dem Lockdown eine Filiale neu zu eröffnen. Hat es sich gelohnt?

Doris Kapraun: Ja, das war es. Es hat sich aber definitiv gelohnt. Zum einen war es sehr schön zu sehen, wie sich unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wieder darauf gefreut haben, im Kreis der Kollegen zu arbeiten und nach der langen Zeit zu Hause wieder aktiv auf der Fläche kreativ werden zu dürfen. Wenn auch nur im Rahmen der zulässigen Kurzarbeit.

Ich persönlich hatte eine Vielzahl von netten Gesprächen mit unseren Kunden am Tag der Eröffnung. Diese haben mir berichtet, dass sie es als sehr positiv empfinden, dass wir die Filiale neu gestaltet haben und dass sie der Eröffnung regelrecht entgegengefiebert haben.

 

RBN: Was ist das Besondere an der sogenannten „Adler-Lounge“?

Doris Kapraun: Wir möchten unseren Kunden den Aufenthalt in unseren Filialen so angenehm wie möglich gestalten. Die besagte „Adler-Lunge“, welche Sie ansprechen, lieber Herr Lippl, konnten wir in unserer Filiale in Schwäbisch Hall perfekt umsetzen. Wir standen vor der Herausforderung den bestehenden Wintergarten in unser Konzept einfließen zu lassen und zu integrieren. Schnell war uns klar, dass wir unseren Kunden vor Ort eine Besonderheit bieten möchten, einen Ort der Begegnung. Sehr bequeme und einladende Sitzgelegenheiten, ausgewählte Zeitschriften und eine Kaffee-Bar laden zum Verweilen, Entspannen und zum Austausch mit anderen Kunden ein. Wie sich bereits herausgestellt hat, lieben unsere Kunden diese Lounge.

 

RBN: Arbeiten Sie für die Umsetzung der Adler-Stores mit einem eigenen VM-Team oder greifen Sie auch auf externe Visual Merchandiser zurück?

Doris Kapraun: Wir haben bei Adler unser eigenes VM Team, bestehend aus elf Personen. Mein Innendienst Team besteht aus einer Mediengestalterin und einer Team Assistentin. Mit neun Area Merchandiser sind wir auf unseren Flächen vertreten, das sind immerhin 171 Filialen, davon 142 in Deutschland, 24 in Österreich, drei in Luxemburg und zwei in der Schweiz. Die Konzepte und Entwicklungen entstehen alle inhouse, durch unsere Abteilung. Wir verzichten komplett auf externe Agenturen, wenn es auch sehr sportlich ist, die Themen alle intern abzuwickeln.

 

RBN: Noch ein Wort zum Lockdown. Wie haben Sie diese Phase der Schließung und vor allem den anschließenden Neustart bei Adler erlebt?

Doris Kapraun: Der Lockdown war tatsächlich eine kleine Herausforderung, da es doch in dieser Größe und diesem Ausmaß nicht vorhersehbar war. Selbstverständlich haben auch wir den persönlichen Kontakt und Austausch über die regelmäßigen Video Calls geführt. Durch die Kurzarbeit – hiervon waren und sind wir natürlich auch betroffen – haben wir unsere Themen neu überdacht und aus der aktuellen Perspektive betrachtet und neu priorisiert. Es war und ist eine sehr spannende und lehreiche Zeit.

 

RBN: Welche Sicherheits- und Hygienemaßnahmen gibt es bei Adler und wie sehr beeinflussen diese den Alltag für Kunden aber auch Mitarbeiter des Hauses?

Doris Kapraun: Wir standen vor besonderen Herausforderungen, da unsere Zielgruppe eine der gefährdetsten war und leider immer noch ist. Unser Sicherheitskonzept, welches wir aus dem Homeoffice heraus entwickelt haben, umfasst alle notwendigen und wichtigen Komponenten für unsere Kunden als auch für uns als Mitarbeiter. Unter dem Motto #ADLERFürUnsAlle schaffen wir es auch hier wieder, alle zu vereinen. Wir haben Plakate mit den Sicherheitshinweisen, Schaufensteraufkleber, Bodenaufkleber, welche darauf hinweisen, den Abstand von zwei Metern einzuhalten.

Darüber hinaus setzen wir Infoblätter ein, worüber wir die einzelnen Kernaussagen klar herausstellen. Sei es, dass anprobierte Kleidung nicht mehr in den Verkauf übergeht, sondern erst gereinigt wird oder der Hinweis auf das Tragen eines Mundschutzes.  Durch die eingesetzten Plexiglasscheiben an den Kassen schützen wir unsere Mitarbeiter und Kunden gleichermaßen.  Unsere automatisierten Zählanlagen im Eingangsbereich, ermöglichen unseren jeweiligen Geschäftsführern auf den Firmen Smartphones in Real Time mit zu verfolgen, wie viele Kunden sich gerade bei uns auf den Flächen befinden.

Gesichtsmasken und ausreichend Desinfektionsmaterial geben unseren Kunden und uns ein sehr gutes und sicheres Gefühl. Des Weiteren haben wir durch unsere Filialgrößen den Vorteil, dass wir unseren Kunden die geforderten 20 Quadratmeter pro Person locker zur Verfügung stellen können. Ein klares Beschilderungskonzept regelt ebenfalls die Wegeführung durch unsere Filialen, bis hin zur Kasse und zum Ausgang.

 

RBN: Nachdem die Kaufhäuser, Läden und Shopping-Center wieder öffnen durften, musste der Handel erkennen, dass die KundInnen zunächst noch sehr zurückhaltend sind. Haben Sie das Gefühl, dass die Kauflaune langsam zurückkehrt?

Doris Kapraun: Ja, das Gefühl habe ich tatsächlich. Dennoch ist es wichtig, dass wir unsere Kunden nicht überfordern. Die Lager sind voll und drücken auf die Verkaufsflächen. Ein fragmentiertes Angebot, mit modischen Sommerhighlights ist gefragter denn je. Neue, frische Styls, gepaart mit Superschnäppchen, das ist aus meiner Sicht die perfekte Mischung, um nicht komplett im SALE-Rausch zu versinken.

 

RBN: Das Thema Digitalisierung am POS wird immer entscheidender, das hat auch die letzte EuroShop im Februar 2020 in Düsseldorf gezeigt. An welche Technologien glauben Sie bzw. spielen Sie mit dem Gedanken, Ihre Verkaufsflächen interaktiver zu gestalten?

Doris Kapraun: Richtig, genau das haben wir mit unserem Team auf der EuroShop ebenfalls wahrgenommen. Aus meiner Sicht muss und wird die Verknüpfung online/offline weiter ausgebaut werden. Dazu wollen wir unsere Kundenkarte und unsere Adler App instrumentalisieren. Gerade der aktuelle Lockdown hat uns gezeigt, wie wichtig diese Themen sind. Ja, auch wir werden zukünftige interaktive Flächen und virtuelle Erlebnisse am POS für unsere Kunden bieten. Wie diese im Detail aussehen werden, daran arbeiten wir aktuell….

 

RBN: Woran arbeiten Sie aktuell noch?

Doris Kapraun: Die Entscheidung, dass die Mehrwertsteuer ab dem 01. Juli 2020 voraussichtlich bis Ende 2021 gesenkt wird, hat ein kurzfristiges VM-Projekt ins Leben gerufen. Wir als ADLER werden dies 1:1 an unsere Kunden weitergeben. Unter dem Konzept #ADLERUnserFairnessVersprechen bespielen wir unsere Flächen am POS. Fairness gegenüber unseren Kunden ist uns sehr wichtig. Im September werden wir Halle Bruckdorf modernisieren, Weihnachten steht vor der Tür, das Thema Digitalisierung und viele spannende Themen warten darauf, umgesetzt zu werden…

 

RBN: Vielen Dank, Frau Kapraun, für dieses ausführliche Interview.

Doris Kapraun: Ich danke Ihnen ganz herzlich, lieber Herr Lippl, für das angenehme und nette Gespräch.

 

Interview: Helmut Lippl

www.adlermode.com